„Wir wollen Wissenslücken schließen“

Das #TABinterview zum Projekt "Lernort Bauernhof"

Martina Blücher vom Lernort Bauernhof-Projekt

Woher kommt die Milch und wie sieht ein Korn für unser Brot eigentlich aus? Nur wer Landwirtschaft live erlebt, lernt die Produkte und die Arbeit der Menschen hinter den Kulissen zu schätzen. Genau dieses Wissen vermittelt das Projekt „Lernort Bauernhof Thüringen“, an dem sich seit 2019 bereits zahlreiche Thüringer Landwirtschaftsbetriebe und viele Kinder, Jugendliche und Pädagog*innen beteiligten. Im #TABinterview erzählt uns die Projektverantwortliche Martina Blücher vom Verein Landvolkbildung Thüringen e.V. mehr zu dieser spannenden Initiative. Beim anschließenden Besuch des Biohofs Scharfs überzeugten wir uns gemeinsam mit Gastgeberin Marie Scharf vom spannenden Ablauf eines Projekttages.

Zur Projektwebsite "Lernort Bauernhof"

Frau Blücher, wieso ist der Bauernhof ein idealer Lernort?

Kinder und Jugendliche vor allem aus städtischen Einrichtungen haben heute nur noch wenig direkten Kontakt mit der Landwirtschaft. Aus eigener Erfahrung wissen daher nur die wenigsten, wie Landwirtschaft funktioniert und woher ihre Lebensmittel eigentlich stammen. Teilweise existieren auch falsche Vorstellungen darüber, bewusst hervorgerufen durch Werbung und Kinderbücher, in denen Klischees verbreitet werden. Mit dem Projekt „Lernort Bauernhof“ wollen wir diese Wissenslücken schließen. Am besten geht das natürlich direkt vor Ort beim landwirtschaftlichen Betrieb, im Rahmen einer Hofführung oder der Mitarbeit bei alltäglichen Vorgängen im Betrieb.

Wer sind die Projektpartner*innen in Thüringen und wie kam es zur Zusammenarbeit mit der TAB?

Das Förderprojekt „Lernort Bauernhof“ startete 2022 bereits in die zweite Phase, als Teil der gleichnamigen Bundesinitiative. In der ersten Projektphase seit Januar 2019 besuchten zahlreiche Schulklassen und Kindergruppen die teilnehmenden Betriebe. Die Thüringer Aufbaubank unterstützt uns von Anfang an über das Förderprogramm zur Zusammenarbeit in der Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft in Thüringen. Hier kam auch früh der Wunsch auf, nicht nur Ökobetriebe, sondern auch konventionelle Erzeuger mit ins Boot zu holen. Daher haben wir als Landvolkbildung e.V. in Kooperation mit dem Verein Thüringer Ökoherz damals den Förderantrag gestellt und betreuen das Projekt nun gemeinsam mit anderen Partnern, wie dem Thüringer Bauernverband.

Das Projekt unterstützt auch die teilnehmenden Betriebe bei der Organisation und Umsetzung von Tagesveranstaltungen und anderen Formaten rund um den Lernort Bauernhof. Dies geschieht durch finanzielle Förderung, Hilfen bei der pädagogischen Schulung des Personals und durch die Entwicklung von Lernangeboten für den außerschulischen Lernort. Zukunftsweisend wollen wir auch das Angebot bzw. das Bewusstsein für die so genannte Bildung „Nachhaltige Entwicklung“ stärken, da wir vor allem den landwirtschaftlichen Sektor als wichtigen Partner sehen. Gemeint ist eine Bildung, die Menschen zu zukunftsfähigem Denken und Handeln befähigt.

Das heißt, man kann sich zur Pädagogin bzw. zum Pädagogen für Themen rund um den Bauernhof schulen lassen?

Genau, wir bieten hier zusätzlich eine spezielle Weiterbildung für interessierte Landwirte an, übrigens als erstes Bundesland im Osten Deutschlands. Die Teilnehmer können in drei Modulen pädagogische Konzepte rund um ihren Hof kennenlernen und erfahren mehr zu wichtigen Themen wie Hygiene, Veranstaltungsorganisation oder Marketing. Sie sollen dann zukünftig eigene Hoferkundungen gestalten und den Besuch für jeden Gast zum faszinierenden Erlebnis machen.

Wir arbeiten auch mit „richtigen“ Lehrern zusammen, im Rahmen einer assoziierten Partnerschaft mit dem Thüringer Institut für Lehrerfortbildung.

Martina Blücher vom Lernort Bauernhof-Projekt

Mit dem Projekt „Lernort Bauernhof“ wollen wir Wissenslücken schließen. Am besten klappt das im Rahmen eines Erlebnistages auf dem Land.“

– Martina Blücher vom Verein "Landvolkbildung Thüringen e.V."

Stichwort Marketing: Wie sprechen Sie die zahlreichen Schulen und Kindergärten im Freistaat an?

Das geschieht über unsere Flyer, aber natürlich auch über das Internet, Mund-zu-Mund-Propaganda und Gewinnspiele. Hier hatten wir besonders während Corona eine rege Beteiligung mit vielen kreativen Einsendungen. Unsere Partnerbetriebe bekommen dann die Anfrage für einen Besuch und machen einen Termin aus.

Ein tolles Marketinginstrument ist auch unsere Tierkiste mit spannenden Sachen zum Anfassen und Ausprobieren, die den Kindern Lust auf mehr machen soll.

Wie läuft so ein Tag auf dem Bauernhof normalerweise ab?

Die Kinder und Jugendlichen kommen aus ganz Thüringen zu den Höfen und Projektpartnern, meist per Bus oder Bahn. Vor Ort wird dann ein individuelles Erlebnisprogramm geboten, bei dem alle Sinne angesprochen werden. Das ist meist ein unvergessliches Erlebnis für die Kinder und Jugendlichen mit vielen spannenden Begegnungen mit Pflanzen, Tieren und landwirtschaftlichen Maschinen.

Impressionen vom Projekt "Lernort Bauernhof"

#TAB-Interview-Lernort Bauernhof

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Wir überzeugen uns selbst vom Projektcharakter und treffen an einem regnerischen Maitag Marie Scharf auf ihrem „Lernort Bauernhof“. Die ausgebildete Pädagogin lebt und arbeitet auf dem Biohof Scharf in Ollendorf im Thüringer Becken zwischen Erfurt und Weimar. Familie Scharf betreibt seit über 100 Jahren Landwirtschaft in Ollendorf und ist Partner des aktuellen Projektes Lernort Bauernhof.

Frau Scharf, was ist heute auf dem Hof geplant?

Wir haben Besuch von den Klassen 3, 4 und 5 der Freien Schule „Am Park“ in Wülfingerode. Sie kommen den weiten Weg aus Nordthüringen, um Landwirtschaft hautnah zu erleben. Zum Glück haben sie Gummistiefel mit, denn gleich ernten wir frischen Salat in den Feldern. Bei der Hofführung mache ich die Gäste mit den Tieren, dem Öko-Feldanbau und dem restlichen Hofgeschehen bekannt. Wir werden gemeinsam frische Eier am Hühnerstall abholen und uns anschließend mit selbst geernteten Salaten an die Zubereitung des Mittagessens machen.

Wie kam es zur Teilnahme beim Projekt „Lernort Bauernhof“

Als ausgebildete Pädagogin war es mir schon immer ein großer Wunsch, meine Arbeit mit Kindern und dem Leben auf unserem Hof zu verbinden. Mein Ziel ist es, ökologische Landwirtschaft und Naturschutz für Kinder erleb- und begreifbar zu machen. Um eigene Hoferkundungen optimal zu gestalten und den Besuch für jeden Gast zum faszinierenden Erlebnis zu machen, habe ich an der Weiterbildung zur Bauernhof-Pädagogin teilgenommen.

Frau Blücher und Frau Scharf, wir bedanken uns für das Interview und die spannenden Einblicke ins Projekt!

Marie Scharf - Biohof Scharf

"Um den Hofbesuch für jeden Gast zum faszinierenden Erlebnis zu machen, habe ich an der Weiterbildung zur Bauernhof-Pädagogin teilgenommen.“

– Marie Scharf, Biohof Scharf
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