„Wir wollen dem Mittelstand die Berührungsängste vor der Digitalen Transformation nehmen“

Das #TABinterview mit Frank Seiferth, Geschäftsführer der Seitec GmbH

Seitec, Frank Seiferth

Let‘s create the industry of tomorrow: Mit diesem Leitspruch blickt Frank Seifert mit seinem Team selbstbewusst in die Zukunft. Das von ihm bereits 1998 gegründete Unternehmen hat sich als innovativer Leistungs- und Technologieführer für ganzheitliche Automatisierungslösungen und digitale Transformation in der Fertigungs- und Prozessindustrie weltweit einen Namen gemacht. Mit einem interdisziplinären Team an drei Standorten setzt man zunehmend auf Kooperationen und Gemeinschaftsprojekte. Im #TABInterview mit Frank Seifert erfahren wir mehr über neue Synergien am Standort Erfurt, den „Digitalen Zwilling“ und die Vorzüge der ESF-Förderung in Thüringen.

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Wie fing damals alles an?

Frank Seiferth: Ich habe Elektrotechnik in Jena studiert und meine Firme Seitec 1998 sozusagen mit dem Diplom-Abschluss in der Tasche gegründet. Ich stamme aus Bad Lobenstein und hatte als Firmensitz zunächst meine Wohnung in Bad Blankenburg und anschließend ein kleines Bürohaus in Königsee eingerichtet. In den ersten Jahren war ich sozusagen mein einziger Mitarbeiter, ich habe damals Steuerungssoftware für Industriemaschinen und Chemieanlagen programmiert und weltweit in Betrieb genommen. Weitere Kollegen kamen an Bord, es wurde schließlich zu eng und wir eröffneten weitere Standorte in Erfurt und Bietigheim-Bissingen, doch der Hauptsitz und mein Büro befinden sich immer noch in Königssee.

Welche Schwerpunkte und Geschäftsbereiche hat Seitec heute?

Frank Seiferth: Heute sind wir ein innovativer Anbieter von kompletten Lösungen im Bereich Industrieautomation und bündeln alle Engineering-Kompetenzen, die man dafür benötigt, außer der Mechanik. Dafür haben wir mittlerweile passende Partner gefunden. In der Forschung und Entwicklung sind wir sehr aktiv, langfristig sehen wir uns als kompetenten Anbieter von Komplettlösungen. In den Bereichen cloudbasierte Anwendungssoftware, Internet of Things und KI fühlen wir uns wohl und sehen weitere Potentiale. Aus hoch qualitativen Daten kann auch mithilfe solcher Technologien z.B. eine „predictive maintenance“ entstehen, eine vorausschauende Wartung von Maschinen.

Wo sitzen Ihre Kunden und wie können sie von der Forschung und Entwicklung bei Seitec profitieren?

Frank Seiferth: Durch die Anwendungsentwicklung im Rahmen der Forschungsprojekte sind wir in der Lage, passende Lösungen für die Industrie zu extrahieren und daraus marktfähige Produkte für die digitale Transformation zu präsentieren. Forschung und Entwicklung ist sozusagen der Motor für neue Kundenlösungen.

Unsere Kunden sind vor allem deutsche Maschinen- und Anlagenbauer, mit denen wir weltweite Projekte im Bereich der Automatisierungstechnik realisieren. Die Einsatzgebiete sind dabei vielseitig, von den Bereichen Wasserstoff oder Gas über das Glasrecycling bis hin zur Sanitärbranche. In Thüringen waren wir bis zur Eröffnung des Erfurter Standorts eher weniger bekannt. Hier im Haus haben wir die Möglichkeit, gemeinsam mit den ansässigen Partnern neue Projekte im Bereich der Robotik und automatisierter Zuführsysteme aufzubauen und vor der Montage beim Kunden ausgiebig testen zu können.

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#TAB-Interview mit Frank Seiferth von Seitec

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Wie läuft ein solches Projekt beispielhaft ab?

Frank Seiferth: Nach der Konzeption und Softwareanbindung sind wir bei jeder Inbetriebnahme live dabei. Wenn alles mechanisch aufgebaut, angeschlossen und elektrisch verkabelt ist, kommen wir ins Spiel und schalten die Anlage zum ersten Mal ein. Diesen Ablauf haben wir vor Ort bereits in rund 30 Ländern weltweit gemanagt und bis zur letzten Prozessoptimierung begleitet. Im Anschluss ermöglicht unsere Software den mobilen Zugriff auf die Anlage vom anderen Ende der Welt, natürlich mit einer selbstgestalteten webbasierten Benutzeroberfläche. Das bietet nicht nur für den Kunden viele Vorteile, sondern auch für den Lieferanten der Maschine.

Das bedeutet auch schnellere Reaktionszeiten bei Störungen?

Frank Seiferth: Moderne Anlagen-Lösungen reagieren bereits vor dem Stillstand. Die Software erkennt proaktiv ungünstige Parameter und gibt dem Support frühzeitig ein Signal. Bereits jetzt kann reagiert und optimiert werden, bevor die nächste regelmäßige Wartung ansteht. Die deutsche Wartungsfirma kann somit abseits der offiziellen Wartungsfenster softwaregestützt ihren After Sales-Bereich für den Kunden proaktiv verbessern. Für eine wirklich vorausschauende Wartung oder predictive Maintenance benötigt es häufig eine breitere Datenbasis und entsprechendes Personal, diese Daten aufzubereiten. Das ist natürlich auch ein Kostenfaktor vor allem für kleine Unternehmen.

Mit dem „Digitalen Zwilling“ will Seitec auf eine neue Kompetenzebene gelangen, was versteht man darunter?

Frank Seiferth: Die Idee hinter dem „Digitalen Zwilling“ ist eigentlich einfach: Ich erwecke ein neues Kundenprojekt mit einem softwarebasierten 3D-Modell am Bildschirm zum Digitalen Zwilling und mache eine virtuelle Inbetriebnahme. Dadurch spare ich wertvolle Zeit zum Testen und Optimieren, die ich in einem laufenden Produktionsprozess an der realen Maschine nicht habe. Einen längeren Stillstand durch die Optimierung an der Maschine will jeder Kunde vermeiden und wir müssen auch nicht vor Ort sein. Wenn das 3D-Modell dann wie gewünscht funktioniert, können wir den Zwilling in eine reale Anlage überführen. Um es nochmal in Kürze auf den Punkt zu bringen: Der digitale Zwilling ermöglicht eine komplette virtuelle Inbetriebnahme der Maschine, bevor diese physisch gebaut ist.

Wie konnte das Programm „FTI-Thüringen PERSONEN“ mit seinem Fördergegenstand „Innovatives Personal“ hier unterstützen?

Frank Seiferth: Wir haben dank des vom Thüringer Wirtschaftsministerium aus dem ESF geförderten Vorhabens einen neuen Mitarbeiter für ein innovatives Projekt einstellen können. Ziel des Projekts ist die Entwicklung ganzheitlicher Automatisierungslösungen für flexible Maschinen, um die Anforderungen der digitalen Transformation zu erfüllen. Es werden neue Konzepte im Bereich der Robotik entwickelt, um klassische Industrieroboter besser in die Automatisierung der Gesamtanlage zu integrieren. Der Digitale Zwilling ist hier ein wichtiger Bestandteil.

Ohne die Förderung wäre diese Weiterentwicklung im Unternehmen also nicht möglich gewesen?

Frank Seiferth: So ist es. Wir nutzen bereits seit längerem die Förderprogramme des Freistaats. Der Aufbau des Erfurter Standorts erhielt z.B. durch das Programm „Thüringen Invest“ zusätzlichen Rückenwind. Geförderte Forschungsprojekte ermöglichen uns, neue Kompetenzen aufzubauen und Dinge auszutesten, für die normalerweise keine Budgets oder Personalstellen vorhanden wären. Wenn diese Projekte dann irgendwann in eine Marktreife überführt werden, haben alle Seiten davon profitiert. Seitec war früher ein reiner Lieferant von Elektrotechnik und Software und entwickelt sich auch dank der Kooperationen und Förderprojekte zunehmend zum Anbieter von Gesamtkonzepten. Die Förderung von innovativem Personal setzt also an einer wichtigen Stelle an, nämlich den erforderlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

Seitec, Frank Seiferth

Auch dank geförderter Forschungsprojekte können wir uns zum Full-Service-Anbieter von Komplettlösungen entwickeln.

– Frank Seiferth, Seitec GmbH

Stichwort neue Fachkräfte: Wie ist Seitec hier aktuell aufgestellt?

Frank Seiferth: Wir beschäftigen Spezialisten für Automatisierungstechnik, Elektrotechnik-Ingenieure und Softwareentwickler, neuerdings auch Data Analysten und KI-Experten. Aktuell hat Seitec 30 Mitarbeiter an den drei Standorten, wobei das Erfurter Büro die meisten Mitarbeiter beherbergt. In den letzten 3 Jahren hatten wir ein ordentliches Wachstum bei Umsatz und Personal zu verzeichnen. Die zentrale Lage und gute Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel macht die Fachkräftesuche etwas einfacher. Angesichts sinkender Studienabgängerzahlen und der starken Nachfrage nach Ingenieuren denken wir über Modelle wie das Duale Studium nach.

Die angesprochenen Synergien entstanden vor allem hier im Erfurter Kontor?

Frank Seiferth: Das Erfurter Kontor hat uns ideale Möglichkeiten zur Zusammenarbeit geboten, insbesondere mit unseren beiden Partnern Mehnert Lab und retrag. Dadurch sind wir zunehmend in der Lage, Komplettlösungen für den Maschinenbau anzubieten. Nach außen treten wir inzwischen sozusagen als eine Firma mit einem Ansprechpartner auf. Gemeinsam mit dem Vermieter vom Kontor konnten wir vor 3 Jahren diese modernen Räume gestalten und stoßen im Zuge des schnellen Wachstums bereits schon wieder an die Kapazitätsgrenzen.

Zum Schluss nochmal das Stichwort KI: Werden die Erwartungen der Industrie hier schon erfüllt?

Frank Seiferth: Aktuelle Umfragen bescheinigen, dass sich der Hype der letzten Jahre zunächst etwas gelegt hat. Die anfangs hoch gesteckten Erwartungen sind demnach deutlich zurückgegangen. Die Industrie hatte bereits vor dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz hohe Verfügbarkeiten der Maschinen und Anlagen. Wenn KI einen echten Mehrwert bringen soll, müssen verschiedene Weichen dafür gestellt werden. Da spielt die Datenqualität eine wichtige Rolle und natürlich die dafür benötigten Spezialisten, welche ihren Preis haben. KI macht nicht für jeden Sinn, manchmal reichen auch vergleichsweise einfache, aber verlässliche mathematische Modelle.

Welche Chancen sehen Sie für Thüringer Betriebe in diesem Sektor?

Frank Seiferth: Seitec würde den Thüringer Mittelstand gern noch intensiver bei der Digitalen Transformation unterstützen, denn dort liegt unser Know How. Wir wollen vor allem kleinen und mittleren Unternehmen die Berührungsängste vor Themen wie KI oder Digitaler Zwilling nehmen. Dafür haben wir die Kompetenzen und helfen gern dabei, die Prozesse zu optimieren.

Herr Seiferth, vielen Dank für das Interview!

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